Pfeif mal deinen Hund zurück.
Wenn du intensiver in sozialen Medien unterwegs warst, bist du in letzter Zeit vielleicht über den Begriff „Dog Whistle” gestolpert. In diesem Post erkläre ich den Begriff und erläutere, welchen Einfluss Dog Whistling auf deine Rhetorik haben kann.
So funktioniert Dog Whistling
Natürlich hat Dog Whistling nichts mit einer wirklichen Hundepfeife zu tun. Hundepfeifen funktionieren so, dass der Ton so hoch ist, dass Menschen ihn gar nicht wahrnehmen.
In der Kommunikation bedeutet Dog Whistling, dass du eine Art codierte Sprache benutzt, die nur der „Eingeweihte“ versteht. Es sind sozusagen sehr versteckte Anspielungen. Dog Whistling ist damit ganz das Gegenteil dessen, was zum Beispiel Wolodymyr Selenskyj so meisterhaft beherrscht, nämlich durch bestimmte Formulierungen Bilder in den Köpfen seiner Zuhörer entstehen zu lassen, die bei JEDEM Zuhörer die gleichen Bilder entstehen lassen.
Damit Dog Whistling funktioniert, benötigt es eine Voraussetzung: nämlich eine „fragmentierte Gesellschaft“. Wenn alle Zuhörer deine Rede gleich interpretieren, funktioniert Dog Whistling nicht. Ein positives Beispiel sind Anspielungen in alten Disney-Filmen, die nur die Erwachsenen verstehen. Wenn Eiskönigin Anna und Kristoff über Schuhgrößen fachsimpeln und Anna sagt: „Schuhgröße spielt keine Rolle“ weiß jeder Erwachsene, dass Anna damit auf die Größe eines anderen Körperteils anspielt. An Kindern geht diese Anspielung vorbei.
Im Allgemeinen ist Dog Whistling aber negativ konnotiert und wird vor allem mit Aussagen aus dem rechtspopulistischen bis rechtsextremen Lager oder mit Verschwörungsmythen in Verbindung gebracht. Denn schließlich geht es ja darum, etwas zu sagen, was man eigentlich nicht sagen darf. Zumindest nicht, ohne dafür Kritik einzustecken. Wenn der Redner dafür Dog Whistles verwendet, kann er hinterher immer behaupten: So war das doch gar nicht gemeint! Den eigenen Leuten etwas sagen, ohne es zu sagen, darum geht es.
Die Herausforderung ist deshalb, genau solche Dog Whistles zu vermeiden. Das ist – bei dem Tempo, das manche Debatten in den sozialen Netzen entwickeln – nicht immer ganz leicht. Aber besonders dann, wenn du öffentlich redest, ist es wichtig, deine Sprache so zu halten, dass du nicht versehentlich in die eine oder andere Ecke gedrückt werden kannst.
Klar, wer von „Globalisten“ oder einer „internationalen Finanzelite“ raunt, der weiß was er sagt und will bewusst antisemitische Verschwörungsmythen verbreiten. Auch der Begriff „Kulturmarxismus“ hat sich inzwischen von seiner wissenschaftlichen Definition verabschiedet und dient als umfassende Kritik einer Gesellschaft, die angeblich von Feminismus, Glaubensfreiheit (Moslems!) und naiven Vertretern gesellschaftlicher Vielfalt (sprich Ausländer und LGBTQ+) gelenkt wird.
Aber auch die Rede von zwei biologischen Geschlechtern, die Existenz von Mann und Frau, kann den Sprecher schnell ins Abseits katapultieren – und zwar nach rechts außen. Denn männlich und weiblich gelten in vielen Redaktionen inzwischen als soziale Konstrukte. Und das beharren auf körperlichen Unterschieden gar als Biologismus. Das muss man erstmal wissen.
Wenn jedoch ein Politiker wie Friedrich Merz im September 2022 im Zusammenhang mit Ukrainischen Kriegsflüchtlingen von „Sozial-Tourismus“ spricht, dann weiß er sehr genau, welche Zielgruppe er mit dem Unwort des Jahres 2013 bedient.
Wenn jemand ankündigt, sich „jetzt erstmal ein schönes Zigeunerschnitzel“ zu gönnen, dann verbindet er damit eine bestimmte Botschaft. Und dass du weißt, welche Botschaft das ist, zeigt, das Dog Whistles funktionieren.
Es geht natürlich auch völlig absurd: Neulich spendete jemand bei der Spendenplattform GoFundMe genau 444,- um eine Zielsumme rund zu erreichen. Für die Kritiker des Spendenziels ein klarer Code. Dreimal der vierte Buchstabe des Alphabets = DDD = Deutschland den Deutschen.
Welche Dog Whistles kennst du?