Der Frühling naht und die ersten Sonnenstrahlen kitzeln uns an der Nase. Ganz automatisch kommen wir dabei in Flirtlaune und sehnen uns nach sozialem Miteinander. Ein Lächeln hier, ein kurzer Blick da – das fehlt vielen Menschen einfach. Kein Wunder also, dass Flirten besonders im Frühjahr Hochkonjunktur hat. Doch viele Menschen setzen nicht mehr auf das klassische Face-to-Face Flirten und Ansprechen potentieller Partner im Park, in der Eisdiele oder am Badesee, sondern versuchen ihr Glück bei Online-Dating Apps. Schließlich ist das einfach bequemer, Swipe links, Swipe rechts, ganz schnell können wir anderen Menschen unsere Ablehnung oder unser Interesse zeigen. Reeller Kontakt ist bei der ersten Annäherung nicht mehr im Spiel uns so wird die Anonymität der Online Portale auch ausgenutzt.
Anonymität birgt unzählige Gefahren
Das reicht von den allgemeinen Gefahren, die die Anonymität im Netzt mit sich bringt, wie Mobbing und Ausgrenzung, über falsche Angaben und Versprechen, bis hin zum Nichterscheinen bei verabredeten Treffen. Ein trauriger Trend, dass immer mehr Menschen in Cafés und Restaurants sitzen und mit sehnsüchtigem Blick auf Mrs. oder Mr. Right warten – der wohl niemals kommen wird. Es ist aber auch zu leicht, aus einer Laune heraus eine Verabredung bei Tinder, Parship und co. auszumachen und sich dann davor zu drücken – man muss schließlich der Enttäuschung des anderen nicht ins Auge blicken und kann sich in der Anonymität verstecken. Natürlich “datet” die Unsicherheit auch immer mit, wenn man nicht weiß, wer denn dann nun erscheinen wird. Vielleicht ist er ja tatsächlich einen halben Kopf kleiner, als angegeben? Oder doch eher ein uneloquenter, desinteressierter, grusliger Typ, statt dem versprochenen Gentleman? Online kann jeder alles sein und sich präsentieren wie er möchte. Ob das in der Realität dann auch tatsächlich der Fall ist, ist eine andere Geschichte.
Die Struktur der Portale setzt die Nutzer unter enormen Druck
Oftmals fallen die flirthungrigen User auch auf komplette Fake Profile rein, die aus reiner Boshaftigkeit angelegt werden, um erst schöne Augen zu machen und dann eine große Enttäuschung zu sein, oder aus Betrugszwecken, mit der klassischen “Ich verspreche dir das Blaue vom Himmel und brauche dann dein Geld” Masche. Jedoch darf man auch nicht vergessen, dass sich viele User einfach gezwungen sehen ihr Profil zu beschönigen, um dem immensen Druck standzuhalten, den die Portale ausüben. Jeder versucht sich selber im besten Licht dastehen zu lassen und natürlich hat auch jeder Nutzer Modelmaße, den perfekten Beruf, tolle Hobbys, einen großen Freundeskreis und keinerlei persönliche Probleme. Ja, genauso sind wir alle. Zumindest bewirkt die Ausrichtung der Portale auf Fotos und oberflächliche Eckdaten einen immer größeren Optimierungsdruck. Viele User trauen sich gar nicht mehr zu sich zu stehen.
Dating Apps sind nicht mehr auf Romantik ausgelegt sondern auf Effizienz
Viele Portale, vor allem die Dating Apps, ermöglichen auch ein extremes Tempo, beim “durch scannen” der Profile. Der Swipe, der eventuell den Partner fürs Leben “wegwischt”, dauert nur ein Sekündchen, die Betrachtung des Profils nur ein wenig länger. Dating Apps sind nicht mehr auf Romantik ausgelegt, sondern auf Effizienz. Kein Wunder, die Portale wollen natürlich auch hohe Vermittlungsraten, schließlich führt das am wahrscheinlichsten zu Weiterempfehlung und damit zu Neuanmeldungen und mehr Gewinn. Und das Geschäft mit der Liebe ist schon lange keine verpönte Nische, nein, es werden hunderte Millionen Euro pro Jahr alleine in Deutschland verdient. Die Bandbreite der verschiedenen Anbieter ist riesig: Von Portalen, die basierend auf einem Persönlichkeitsprofil passende Partner vorschlagen, wie Parship und e-Darling, über Dating Apps, wie Tinder und Lovoo, bei denen die alles entscheidende Swipe links oder Swipe rechts Bewegung nur aufgrund von Profilbildern und “Gefällt mir” Angaben getroffen wird, bis hin zu Portalen, bei denen die Nutzer auf der Suche sind nach einem Seitensprung oder einem sexuellen Abenteuer, wie die Seite Ashley Madison.
Stiftung Warentest ermittelte, dass mit Kundendaten nicht immer verantwortungsvoll umgegangen wird
Eins haben viele Portale gemeinsam: Der Umgang mit Kundendaten ist eher bedenklich. Viele Portale weisen keine klare Regelung in den AGBs auf, wie mit Kundendaten verfahren werden muss und wie sie verwertet werden dürfen. Gleichzeitig kritisiert die Stiftung Warentest, die eine Studie mit den 14 gängigsten Rating-Portalen durchführt hat, dass kostenpflichtige Angebote oftmals nicht ausreichend gekennzeichnet sind und die sichere Verschlüsselung der Kundendaten nicht immer gewährleistet ist. So wurden sowohl Lovoo, als auch Ashley Madison 2015 Opfer eines Hacker Angriffs, bei denen teilweise empfindliche Kundendaten gestohlen worden sind. Die mangelnde Sicherheit der Daten sollte ausreichend sein, um Dating-Portal nicht mehr nur durch die rosa-rote Brille, als Vermittler von einfachen Flirts und vielleicht der großen Liebe zu sehen. Tatsächlich sind die Portale viel mehr dafür verantwortlich, dass sich unserer soziales Miteinander auf grundlegende Weise verändert und das eigentlich so leichte und spielerische Flirten einem immer größeren Erfolgs- und Selbstoptimierungsdruck unterworfen wird.
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Mobile-Dating #2: Das Geschäft mit der Liebe
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