Teambesprechung mit meiner Kollegin. Heute steht Brainstorming für ein großes Werbeprojekt auf dem Plan. Es muss schnell gehen, denn unser Kunde möchte vorzugsweise gestern schon Ergebnisse sehen. Meine Kollegin macht einen Vorschlag, den ich, auf gut Deutsch gesagt, beschissen finde, und fragt mich auch prompt: „Wie findest du die Idee? Ehrlich!“ So auch meine Antwort: „Scheiße. Lässt sich erstens nicht umsetzen und geht zweitens am Thema vorbei.“ Sie nickt lächelnd: „Stimmt!“ – Keine Kollegin, jemals.
Meine Methode Feedback zu geben kam bei anderen nur selten gut an, sei es im Privatleben oder auf der Arbeit. Ich war frustriert, denn ich hatte den Eindruck, dass die meisten Leute direkte und ehrliche Kritik einforderten, aber gleichzeitig resistent dagegen waren. Eine sehr ignorante Sichtweise, wie ich mittlerweile weiß. Mein Problem? Ich hatte einen ganz banalen Zusammenhang außer Acht gelassen: Niemand mag es, kritisiert zu werden und es ist gegen unsere Natur, etwas, das wir nicht mögen, mit offenen Armen zu empfangen. Ich rate auch Ihnen deshalb sich stets zu vergegenwärtigen, dass Sie mit Kritik bei Ihrem Gegenüber zunächst einen Impuls der Ablehnung auslösen.
Signale richtig deuten
Beobachten Sie die Reaktionen Ihrer Arbeitskollegen, Familie und Freunde einfach mal. Dass Sie weder beleidigend noch persönlich werden, versteht sich von selbst. Man wird Ihnen, dem ersten Impuls folgend, zumindest nonverbal mit Ablehnung begegnen. Ein angespanntes Gesicht, verschränkte Arme, kurze Blicke nach unten oder auch angestarrt werden sind klassische Signale dafür und völlig normal. Haben Sie Glück, begegnet Ihnen einer der Wenigen, der besagtem Impuls keine weitere Beachtung schenkt und sich völlig offen auf eine objektive Diskussion mit Ihnen einlassen kann. Mit hoher Wahrscheinlichkeit treffen Sie aber auf jemanden, der sich in Rechtfertigungen, Schuldzuweisungen oder auch Schweigen flüchtet. In solchen Fällen tut sich derjenige schwer, objektiv zu bleiben und vermischt Sachliches mit Persönlichem und das Gespräch eskaliert im schlimmsten Fall.
Schritt für Schritt zum perfekten Feedback
Um eine Eskalation zu vermeiden, bedienen Sie sich einfach folgender rhetorischer Tricks: Bleiben Sie ruhig und freundlich. Betonen Sie, dass die Kritik keine objektive Wahrheit, sondern Ihre eigene persönliche Meinung darstellt. Lassen Sie die Person wissen, welche Qualitäten Sie an ihr schätzen. Zeigen Sie sich fehlbar und schaffen Sie Identifikationsmerkmale, indem Sie eigene Schwächen einräumen. Und zu guter Letzt: Machen Sie Ihrem Gegenüber einen konkreten Verbesserungsvorschlag!
Das WOBLA druckt einmal im Monat in Kooperation mit dem Institut Michael Ehlers eine Kolumne zum Thema Rhetorik.
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